Dienstag, 6. April 2010

Ein Querschädel vor dem Herrn / Volkscharakter

Götz Alsmann und Günther Jauch zum Trotz – wir Münsterländer sind stur und gehen zum Lachen in den Keller. Dieser unausrottbare Charakterzug hat – keine Frage – mit unserem Gründungsmythos zu tun.

Ohne Scherz – bei uns geht folgende Sage vom ersten aller Münsterländer: Als der liebe Gott und Petrus durch das Münsterland kamen, sahen sie, dass dort keine Menschen lebten. Da legte Petrus ein gutes Wort ein und sagte zu Gott, er solle für diesen Landstrich doch auch einen Menschenschlag schaffen. Wie zufällig lag da gerade eine alte Eichenwurzel auf dem Boden. Da stieß der liebe Gott mit seinem Fuß dran und sprach dabei: „Werde Mensch!“ Da wurde der Knubben lebendig, rieb sich die Augen und fragte dann: „We stödd mi dao?“, was im Hochdeutschen auch nicht wirklich sympathischer wirkt: „Wer stößt mich da?“

Da haben wir in einem Fragesatz alles zusammengefasst, was uns ausmacht: Der Münsterländer ist trocken, humorlos, ziemlich kurz angebunden und ein Querschädel vor dem Herrn. Dieser, wie unsere Dichterin sagt, „Charakter von bald beschaulicher, bald in sich selbst arbeitender Abgeschlossenheit“; dieses, wie der Reiseführer von 1977 sagt, „herbe, verschlossene Wesen“; diese, wie der Auswärtige sagen würde, offenbare Raubauzigkeit – ja, sie zeichnet uns Münsterländer seit jeher aus.

Als die beiden Ewalde – zwei angelsächsische Missionare – um das Jahr 690 auf dem Weg in unser Siedlungsgebiet waren, um vor den Eingeborenen vom neuen christlichen Glauben zu künden, wurden sie ohne viel Federlesens erschlagen. We stödd mi dao? Als gegen Ende des 8. Jahrhunderts der Welschenkönig Karl der Große einen weiteren Versuch startete, uns zum christlichen Glauben zu bekehren, haben wir – We stödd mi dao? – immer wieder Aufstände angezettelt und dem Frankenherrscher immerhin über 30 Jahre gezeigt, was eine sächsische Harke ist. Und als im 16. Jahrhundert einige niederländische Eiferer die lendenlahmen, weil christlich gewordenen Münsterländer mit frischen Ideen und Vielweiberei aufmischten, war es ihnen auch wieder nicht recht. Die Wiedertäufer wurden mit glühenden Zangen öffentlich zu Tode gefoltert. We stödd mi dao?

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[Fortsetzung dieses Kapitels in: "Querschädel, Regenlöcher, Schlodderkappes - wie das Münsterland wirklich ist", Münster: Oktober Verlag 2010, ISBN: 978-3-941895-05-8.]



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